Proktologika -proktologische Pharmakotherapie

Medikamentöse Behandlung bei Hämorrhoiden

Die zahlreiche Präparate richtig nutzen

Beschwerden wie Juckreiz, Brennen, Nässen, Blut- und Schleimabsonderungen, Wundsein und Schwierigkeiten bei der Defäkation werden oft Hämorrhoiden zugeschrieben, es können jedoch noch eine ganze Reihe anderer proktologischer Ursachen verantwortlich sein. Es gibt, abhängig von der Diagnose,  zahlreiche Optionen in der medikamentösen Behandlung analer Beschwerden, es sollte nur die richtigen Präparate im Einsatz kommen.

Präparate nur richtig anwenden

Wünschenswert wäre  eine systematische Behandlung der Hämorrhoidalleiden,  entsprechende Präparate mit bewiesener Wirksamkeit sind jedoch nicht verfügbar. Bei der Auswahl des geeigneten Wirkstoffes orientiert man sich am besten am Hauptsymptom des Betroffenen. Proktologika kommen in allen Stadien von Hämorrhoidalleiden zum Einsatz, wobei geringere Beschwerden selbst behandelt werden kann. Die medikamentöse Therapie sollte, wie immer, von einer ballastreiche Diätumstellung, mehr Bewegung, ausreichende Flüssigkeit und richtigen Stuhlgewohnheiten ohne starkes Pressen begleitet werden.

Rektale Blutungen sind häufig ein Indiz für ernsthafte Erkrankungen wie Wucherungen (Polypen) oder chronisch entzündliche Darmerkrankungen und gehören unbedingt endoskopisch abgeklärt.

Nicht alles, was am Anus juckt und brennt, sind Hämorrhoiden.

Die am häufigsten geäußerten Beschwerden  sind  vor allem  Jucken und Brennen, die nicht nur bei Hämorrhoiden sprechen sondern sind zum Beispiel auch für eine Darmentzündung, Pilzinfektion oder ein Analekzem typisch. Noch dazu könnten Marisken, Analpolypen, Feigwarzen oder Analfisteln, die letzteren entstehen meist durch die spontane Eröffnung eines Analabszesses. Ein akuter analer Schmerz ist häufig durch Analthrombosen und –fissuren, also Einrisse im Afterkanal, verursacht.

Anorektaler Juckreiz schnell gelindert

Steht Juckreiz und Brennen im Vordergrund, bringen Topika mit Lokalanästhetika schnelle Hilfe. Lidocain (wie Posterisan® akut) oder Quinisocain (wie Haenal® akut) ist der Arzneistoff der ersten Wahl, da seine Sensibilisierungsrate am geringsten ist. Andere Lokalanästhetika vom p-Aminobenzoesäuretyp wie Benzocain oder Procain sind mit einem erhöhten Allergierisiko belastet und werden vermieden.

Posterisan® akut wurde in einer randomisierten, placebokontrollierten Studie bei 200 Patienten mit Hämorrhoiden Grad I und 11 geprüft. Die Subgruppenanalyse für das Leitsymptom Juckreiz zeigte eine schnelle und signifikante Reduktion (p=0,044): Bereits nach einem Tag wurde der Juckreiz um 18 Scorepunkte (Placebo: 12,8), nach drei Tagen um 33,9 Punkte (Placebo: 26) verbessert.

Die Verträglichkeit der Prüfsubstanz wurde von Ärzten und Patienten nahezu gleichermaßen positiv bewertet: 83,5 % der Ärzte und 87,4% der Patienten stuften sie als „sehr gut“ oder „gut“ ein. Es kam zu keinen schwerwiegenden Nebenwirkungen.

Bei Schwellungen kann ein schwach wirksames topisches Kortikoid (Hydrokortison 1%ig)  in Verbindung mit einem lokalen Antiseptikum verwendet, etwa Postericort und Rivanol Lösung 0,1% dass den Wirkstoff Ethacridinlactat enthält , ein Arzneimittel aus der Gruppe der sogenannten Desinfiziens d.h. ein Antiseptikum, ist apothekenpflichtig und rezeptfrei in der Apotheke erhältlich.

Gegen Schmerzen wird ein nichtsteroidale Antiphlogistika verordnet.

Bei den äußerst schmerzhaften Analfissuren hat in der symptomatischen Behandlung eine suffiziente Schmerztherapie absolute Priorität. Rektalsalben mit einem Lokalanästhetikum (z. B. DoloPosterine N ®, Posterisan® akut) wirken relativ schnell und effizient. Für die Wirkung der Arzneistoffe ist die Darreichungsform von ausschlaggebender Bedeutung. Zur Auswahl stehen Salben, Einmaltuben, Suppositorien und Tamponadezäpfchen, auch Hämotamps genannt.

Bei den konventionell geformten Zäpfchen gelangt der Wirkstoff jedoch nicht in den proximalen Analkanal. Anders dagegen verhält es sich bei den Analtampons: Speziell DoloPosterine® Hämotamps lassen sich exakt platzieren und entfalten gezielt im Analkanal an den Fissuren ihre Wirkung. Neben den Hämotamps sind auch Salben, die am besten mithilfe von Applikatoren an die Hämorrhoiden gebracht werden, Suppositoren vorzuziehen.

Salizylate

Mesalazin wird zur Behandlung einer Entzündung der Schleimhaut des Mastdarms und des Dickdarms eingesetzt. Zu den möglichen Einsatzgebieten gehören chronisch-entzündliche Dickdarmerkrankungen wie die Colitis ulcerosa und Morbus Crohn, eine Mastdarmentzündung (Proktitis) und Proktosigmoiditis. Ein weiteres Anwendungsgebiet sind Komplikationen bei Hämorrhoiden. Sie sollen für 2-3 Wochen als Zäpfchen verabreicht werden. Mesalazin ist in Form von Filmtabletten, als Granulat, Depotgranulat, Klysmen und Zäpfchen im Handel (Asacol®, Asazine®, Pentasa®, Salofalk®, Claversal®).

Blutstillende Eigenschaften haben dagegen Adstringenzien.

Handelt es sich um nässende Effloreszenzen und Blutungen, sind Adstringenzien angezeigt. Von Adstringenzien spricht man bei den Stoffen, die eine oberflächliche Eiweißfällung und Blutstillung hervorrufen, sie wirken unspezifisch symptomatisch und entzündungshemmend. Es bildet sich ein dünner Schorf, die Wunde schrumpft leicht, die Blutung wird gestillt. Sie eignen sich deshalb, wenn die Analschleimhaut nässt und schmerzt.

Zu den Adstringenzien gehören Metallsalze wie basisches Bismutgallat (wie Eulatin®, Mastu® Zäpfchen) und gerbstoffhaltige Drogenauszüge, allen voran Hamamelisextrakte aus Blättern und Rinde (wie Faktu lind®, Hametum®). Die Gerbstoffe aus der Zaubernuss sind deshalb auch bei juckenden Ekzemen und Fissuren, lokalen Entzündungen und oberflächlichen Wunden eine gute Wahl. Sensibilisierungen treten seltener auf als bei Lokalanästhetika.

Eine kausale Therapie der Analfissur ist durch Relaxation des M. sphinkter internus mit einem Ca-Blocker (Diltiazem) oder Nitroglyzerin oder Botulinumtoxin zu erzielen.

Bei begleitenden Hautirritationen auf eher trockener Haut bleibt weiche Zinkpaste und Aloe vera nach wie vor die beste Option. Eine weitere pflanzliche Alternative ist ein Wirkstoffkomplex aus dem Saft von Aloe barbadensis (Hemoclin®). Der in einem kühlenden Gel aufbereitete Polysaccharid-Komplex soll sich als Schutzschicht auf die gereizte Schleimhaut des Analbereichs legen und damit verhindern, dass Erreger im Stuhl die Haut angreifen.

Schwache Kortikoide bei akutem Analekzem

Beim Analekzem ist die Therapie der Grunderkrankung mit Beseitigung der Noxen entscheidend. Zur Symptomkontrolle ist eine kurzfristige Kortisontherapie angezeigt. Es wird zunächst mit einem schwach wirksamen Kortikoid (z. B. Scheriproct ®, Postericort®) begonnen, um eine kortikoidvermittelte Atrophie der perianalen Haut zu vermeiden.

Patienten verbinden den Juckreiz, der mit dem Analekzem einhergeht, sehr häufig mit „Pilzen“ und besorgen sich frei verkäufliche Antimykotika. Was gegen ein Analekzem natürlich nicht hilft. In Wirklichkeit sind anale Mykosen extrem selten.

Die perlanale Psoriasis

Mit extremem Juckreiz kann zudem eine perianale Psoriasis verbunden sein. lm Gegensatz zu anderen Körperregionen manifestiert sich die Psoriasis in der Perianalregion ohne Schuppung. Symptomatisch bewährt hat sich hier ebenfalls eine kurzfristige Kortikoidtherapie, um die Entzündung abklingen zu lassen. Zur Nachbehandlung eignen sich Vitamin D3 Analoga.

Kondylomen

Bei Kondylomen, die ebenfalls mit Juckreiz verbunden sind, kann eine konservative Therapie erfolgen, wenn einzeln stehende Effloreszenzen vorliegen. Alle Topika – Podophyllotoxin, Imiquimod oder Catechin-Extrakt aus den Blättern des grünen Tees führen allerdings nur bei der Hälfte der Patienten zur Abheilung.

Kontaktallergisches Analekzem

Das Analekzem wird zwar selten durch eine Kontaktallergie ausgelöst. In diesen Fällen sollte jedoch nach erfolgreicher Behandlung der Auslöser im Epikutantest ermittelt werden. Nicht selten stellt sich dabei ein Konservierungsmittel als Auslöser heraus. Das kontaktallergische Analekzem erfordert ein Absetzen aller topischen Proktologika. Seifenfreie Analduschen, kein feuchtes Toilettenpapier, kurzfristig kortisonhaltige Lotionen ohne Konservierungsstoffe (etwa Hydrokortison 1 %) wird in der Akuttherapie empfihlen.

Sitzbäder mit Flavinoiden

Sitzbäder mit Kamillenextrakt (wie Kamillosan®), Eichenrinde oder synthetischen Gerbstoffen (wie Tannolact®, Tannosynt® flüssig, Delagil) hemmen Entzündungen, lindern den Juckreiz und fördern die Wundheilung. Dazu zweimal täglich rund 10 bis 15 Minuten einplanen. Für ein Sitzbad mischt man einen Esslöffel des Pulvers oder 5 ml flüssige Zubereitung mit 25 Litern Wasser. Die Badetemperatur wählt man am besten zwischen 32 und 35 °C.

Diät

Für geringgradige Stadien belegt eine ältere randomisierte Studie nach sechs und zwölf Wochen der Gabe von Flohsamenschallpulver deutlich bessere Ergebnisse als Placebo.

Orale Medikation

Einige Venenmittel, z.B. Flavonoide wie Diosmin (Daflon®) , Troxerutin (Venutabs®) und  Oxerutin (Venoruton®) sowie Anthocyanoside aus der Heidelbeere (Myrtaven®) und Mäusedornextrakte (Phlebodril®) sind zur Behandlung zugelassen. Venenmittel wie zum Beispiel Rosskastanienexktrate (Venostasin) werden nicht nur systemisch, sondern auch lokal angewandt. Sie sollen die Kapillaren stärken und ihre Durchlässigkeit vermindern und entzündlichen Prozessen entgegenwirken. Die Wirksamkeit bleibt jedoch umstritten.