Die Adenom Detektionsrate gilt zu Recht als einer der wichtigsten Qualitätsindikatoren in der Koloskopie: Bessere Ausbildgebung und Einschulung der Endoskopiker sowie die bessere Vorbereitung der Patienten führen dazu, dass immer mehr Polypen bei einer Koloskopie entdeckt werden. Dabei sind die Mehrzahl der Polypen klein und messen nicht mehr als 5 mm. Der Großteil werden als hyperplastisch eingezustuft und somit ohne schlagende Bedeutung.
Die genaue makroskopische Einschätzung dieser Polypen hat deshalb einen großen Stellenwert, da dies unmittelbar zu einer therapeutischen Entscheidung führen soll (Biopsie oder Abtragung, Zangen versus Schlingenabtragung, vorherige Injektion/keine Injektion).
Mit der steigenden Zahl entdeckter Adenome und der zunehmenden Zahl von Endoskopien entstehen durch die histologische Aufarbeitung der entnommenen Polypen aber nicht unerhebliche Kosten. Dabei ist bei kleineren adenomatösen Polypen bis ein Zentimeter kaum mit einer höhergradigen Dysplasie zu rechnen und hyperplastische Polypen weisen ebenfalls keine dysplastische Veränderung auf.
Eine neuere amerikanische Studie hat errechnet, dass bei einer Adenomdetektionsrate von mehr als 50 Prozent gesundheitsökonomisch trotz der zu erwartenden Reduktion kolorektaler Karzinome nicht mehr mit einem gesamtwirtschaftlichen Vorteil zu rechnen ist. Gerade in der USA wurde bereits in den letzten Jahren zunehmend über den Sinn oder Unsinn histologischer Untersuchungen bei kleinen Kolonpolypen diskutiert. Das Konzept „resect and discard,, kann aber bei den Kolonpolypen nur dann eine Alternative sein, wenn zweifelsfrei eine höhergradige Dysplasie, die dann auch weitere Konsequenzen hätte, ausgeschlossen werden kann.
Der Endoskopiker muss also in der Lage sein, bei der Untersuchung sicher zwischen niedriggradig dysplastischen Adenomen und höhergradigen Dysplasien zu unterscheiden, um dann auf dieser Grundlage den Polypen abzutragen und zu verwerfen oder diesen doch zur Histologie einzuschicken. Diese Entscheidung muss auf der Basis nachvollziehbarer, dokumentierter und auch sicher erlernbarer Handlungsabläufe erfolgen. Hier haben sich in den letztenjahren Beurteilungsschemata entwickelt, die mit Hilfe von Färbungsmethoden oder auch Kontrastverbesserung eine Differenzierung des Polypen an Hand der Oberfläche erlauben. Insbesondere die Kudo-Klassifikation ist in geübten Händen außerordentlich hilfreich und auch genau. Allerdings benötigt man hierzu eine „in vivo Färbung“ und auch eine Magnifikation, was zumindest nicht bei allen Koloskopen gegeben ist.
Einteilungen auf der Basis virtueller Chromoendoskopien sind noch nicht ausreichend evaluiert, aber zeigen wie die NICE Klas¬sifikation zumindest vielversprechende Ansätze. Wünschens¬wert wäre eine technische Methode, die eine Charakterisierung der Polypen bereits bei der Untersuchung zuließe und dann bei entsprechender Evaluation der Technik eine objektive Entscheidung ermöglichte.
Mittels Spektroskopie ist eine objektive, Untersucher unabhängige Beurteilung der Polypendignität möglich. Mit Hilfe eines Laser und einer dadurch induzierten Auto-Fluoreszenz („LIF-Technolo- gie”) ist es zum jetzigen Zeitpunkt bereits sicher möglich, hyperplastische von adenomatöse Polypen zu unterscheiden. Dabei ist derLaser in eine Biopsiezange integriert, so dass unmittelbar mit der Differenzierung Adenom/Hyperplasie eine Zangektomie erfolgen kann.Der negative prädiktive Wert der Methode liegt dabei nach den ersten Studien bei mehr als 90 Prozent für adenomatöse Polypen.
Die wissenschaftliche Grundlage des Verfahrens ist die Autofluoreszenz, also die Eigenschaft biologischer Gewebsanteile wie Mitochondrien, Lysosomen oder kollagenen Fasern unter Anregung mittels Laserlicht (UV) Licht unterschiedlicher Wellenlänge zu emittieren. Eine US-amerikanische Firma will dieses Gerät in Europa auf den Markt bringen und rechnet sich trotz sicher vorhandener Kosten Marktchancen aus. Zumindest für die USA könnte man mit einer in vivo Diagnostik eine 75- bis 113-fache Reduktion der Pathologiekosten erwarten. Für den deutschen Markt ist die Situation sicher anders zu bewerten, aber auch hier kann man die Kostenentwicklung im Bereich der Histologiediagnostik weder im stationären noch im ambulanten Bereich völlig ausblenden. Nachdem eine erste klinische Erprobung an der Universität Erlangen stattgefunden hat, plant die Firma die Methode auch im ambulanten Umfeld zu testen und hat sich hier an den bng gewandt, der auf Grund der Mitgliederstruktur und des bestehenden Organisationsgrades für eine solche Untersuchung sicher gut geeignet ist. Die Technik wird in den nächsten Monaten in vier verschiedenen großen Endoskopiepraxen erprobt werden. Wir werden nach Abschluss der Untersuchung über Erfahrungen und Anwendbarkeit im ambulanten Bereich berichten.
Beitrag von Dr. Gero Moog (Sprecher der Fachgruppe Endoskopie im bng)
Z Gastroenterol 2014; 52